Gerichtsentscheidungen
Rechtswidriger Ein-Euro-Job kann Anspruch auf Wertersatz begründen Rechtstipp vom 30.07.2014 von Rechtsanwältin Bianca Geiß
Verlängerung des Betreuungsunterhalts
SG Berlin, Urteil vom 12.02.2014 - S 8 AS 33000/11: Die Zahlung von Vorsorgeunterhalt ist als zweckbestimmte Einnahme nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
Der geschiedene Ehemann zahlt im Rahmen von nachehelichen Unterhalt einen monatlichen Vorsorgeunterhalt an die Klägerin, die Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) bezieht. Nach Auffassung des Sozialgerichts Berlin ist der Vorsorgeunterhalt nicht als Einkommen auf den SGB II-Bedarf anzurechnen. Vielmehr handelt es sich bei dem vom geschiedene Ehemann gezahlten Vorsorgeunterhalt um eine zweckbestimmte Einnahme, die nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist. Nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II a. F. dürfte es dem Sinn und Zweck dieser Regelung entsprechen, dass der Vorsorgeunterhalt nach § 1578 Abs. 3 BGB nicht als Einnahme, d. h. Einkommen der Klägerin zu berücksichtigen ist, sondern als eine Leistung, die ausdrücklich für einen bestimmten Zweck gewährt wird. Der Empfänger dieser Leistung - hier die geschiedene Ehefrau - soll die Möglichkeit haben, mit dem erhaltenen Vorsorgeunterhalt eine angemessene Altersvorsorge aufzubauen. Es muss vermieden werden, dass durch eine Anrechnung auf die Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) demjenigen, der Leistungen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch - hier des Vorsorgeunterhalts -, die zweckbestimmt sind, diesen Zweck nicht zuführen kann.
SG Berlin, Urteil vom 28.01.2010 - S 128 AS 25352/07: Die Zahlungen aus Zugewinnausgleich in monatlichen Raten stellen kein Einkommen im Sinne des § 11 SGB II a. F. dar, sondern Vermögen.
Nach Auffassung des Sozialgerichts Berlin stellen monatlichen Ratenzahlungen aus einem Zugewinnausgleich kein auf den Hilfebedarf anzurechnendes Einkommen dar, sondern sind als Vermögen zu bewerten und daher anrechnungsfrei.
Der Anspruch auf Zugewinn bedeutete für den einen Ehegatten eine Vermögensminderung, für den anderen dagegen unmittelbar eine Mehrung seines Vermögens. Die Klägerin hat daher nach Auffassung des Gerichts mit der Rechtskraft der Ehescheidungen bzw. kraft familiengerichtlichen Vergleichs einen Anspruch auf Zugewinnausgleich Vergleichs erworben. Die Vereinbarung einer ratenweisen Zahlung des Zugewinn betreffen daher nur die Fälligkeit, nicht die Entstehung des Anspruchs. Der Anspruch auf den Zugewinnausgleich ist im zu entscheidenden Fall jedoch vor Entstehung der SGB II-Hilfebedürftigkeit entstanden, so dass die Ratenzahlung nur als Vermögen, nicht jedoch als Einkommen zu behandeln ist (Entscheidung noch nicht rechtskräftig; derzeit anhängig beim LSG Berlin-Brandenburg).
BSG, Urteil vom 23.08.2012 - B 4 AS 34/12 R zu den Voraussetzungen einer Verantwortungs- und Einstehungsgemeinschaft im SGB II:
Nach Auffassung des Bundessozialgerichts müssen 3 Voraussetzungen für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft (kumulativ) vorliegen: Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Bei den Kriterien zu 1. und 2. - nämlich der Partnerschaft und des Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt - handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs 3 Nr 3 SGB II jeweils zusätzlich zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssen. Von dem Bestehen einer Partnerschaft ist auszugehen, wenn eine Ausschließlichkeit der Beziehung in dem Sinne gegeben ist, dass sie keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Zudem muss zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und dem Dritten die grundsätzliche rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat bzw Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem LPartG bestehen.
Das "Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt" iS des § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II erfordert das Bestehen einer "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft". Die Vorschrift stellt mithin ihrerseits auf zwei Elemente ab, das Zusammenleben einerseits und das "Wirtschaften aus einem Topf" andererseits. Dies bedeutet, dass die Partner in "einer Wohnung" zusammenleben und die Haushaltsführung an sich sowie das Bestreiten der Kosten des Haushalts gemeinschaftlich durch beide erfolgen müssen (Quelle: BSG, Terminbericht vom 23.08.2012, Nr. 44/12) - www.bundessozialgericht.de
BSG vom 22.08.2012 - B 14 AS 103/11 R zur Anrechenbarkeit von Zinseinkünften aus Schmerzensgeldzahlungen:
Nach Auffassung des BSG hat der Leistungsträger zu Recht zugeflossene Zinseinkünfte aus einer Schmerzensgeldzahlung als Einkommen berücksichtigt. Die im SGB II normierte Freistellung von Schmerzensgeld beim zu berücksichtigenden Einkommen erstreckt sich nicht auf die aus Schmerzensgeldzahlungen erzielten Zinsen. Bereits in anderen Entscheidungen hat das BSG entschieden, dass Kapitalzinsen auch dann nicht als sonstige zweckbestimmte Einnahmen von der Berücksichtigung als Einkommen freizustellen sind, wenn es sich bei dem verzinsten Kapital um Schonvermögen handelt (Quelle: BSG, Terminbericht vom 22.08.2012, Nr. 43/12) - www.bundessozialgericht.de